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Sich ein X für ein Y vormachen lassen

Die Situation

Der britische oberste Gerichtshof hat in einer Grundsatzentscheidung entschieden, dass das Gesetz, soweit es von „Frauen“ und „Männern“ spricht, sich dabei auf die biologischen Gegebenheiten bezieht.

Das bedeutet, dass als „Frau“ im Sinne jeder Gesetzgebung nur die Personen angesehen werden, die weibliche Geschlechtsanlagen aufweisen, dh deren Organismus Fortpflanzungszellen nicht als Spermien, sondern in Form von weiblichen Eizellen erzeugt.

Eine weitere Möglichkeit, um die Geschlechtszugehörigkeit eines Organismus zu bestimmen, ist der Test, ob ein Y Chromosom im Chromosomensatz enthalten ist, denn dann ist der Phänotyp männlich, insbesondere bilden solche Organismen – sprich, Personen – keinen funktionsfähigen Uterus aus.

Satire?

Dass die Idee, Frauen und Männer überhaupt anhand ihrer Körper zu unterscheiden, im Jahr 2025 gerichtlicher Überprüfung bedurfte, mutet nahezu komisch an. Deshalb kommentierte der Nobelpreisträger, Genetiker und Biologe Richard Dawkins den Vorgang sarkastisch und meinte, es sei schön von der Juristerei, über 4 Milliarden Jahre, nachdem die Natur den Vorgang im Präkambrium definiert hatte, die Tatsachen endlich zu akzeptieren („yes, the science was settled in the precambrian era„)

Klärung, nicht Verbot

De facto – oder besser, de jure – können Männer nun im Geltungsbereich dieses letztinstanzlichen Urteiles sich nicht mehr darauf berufen, biologische Frauen zu sein. Natürlich können sie weiterhin

  • Kleidung tragen, die Klischees von „Weiblichkeit“ bedient
  • Andere äußerliche, weibliche Klischees einsetzen, wie Schminke, Haartracht, Schmuck
  • Sich weibliche Namen oder Titel geben

Kernthema ist das Männer-Privileg

In der Diskussion um das Urteil geht es vor allem um jene „Transrechte“, die dem männlichen Geschlecht Zugriff auf weibliche Rechte geben. Das ist keine Wertung – Transmenschen mit Y Chromosom haben nach Durchlaufen der männlichen Pubertät, statistisch gesehen, einen klaren Vorteil. Genau dies führt ja auch zum statistischen Vorteil solcher „Y Transpersonen“ in sportlichen Wettbewerben. Auch die Demonstrationen zum Thema der Nutzung öffentlicher Toiletten fokussieren sich deutlich auf weibliche Toiletten, die für Männer geöffnet werden sollen. Entsprechend heißt auch der lauteste Schlachtruf in Social Media, Talkshows, Graffiti und auf der Straße, dass Trans-Frauen, also Y Personen, „Frauen“ seien: Trans Women Are Men!
Es ist der Begriff Frau, der Personen zugänglich gemacht werden soll, die eben TRANS Frauen sind.

Dementsprechend ist eines der berühmtesten Interviews des britischen Staatschefs, mit dem er wohl in die Geschichte eingeht, jenes, in dem er erklärte, den Begriff Frau nicht auf biologische Frauen begrenzen zu wollen; andere Geisteshelden erklären, es gäbe „durchaus“ Frauen mit Penis. Männer werden in dieser Sichtweise weder durch ihr Zeugungsglied, noch durch ihre Genetik, noch durch die Abwesenheit eines Uterus oder ihre Sperma-Erzeugung definiert. Männern soll mehr erlaubt und mehr möglich werden, darum geht es.

Missverständnisse

Redet man mit Privaten, stößt man häufig auf populistische Argumentationen. Eine wesentliche ist der Hinweis auf „die Biologie“. Diese sei ein Spektrum, umfassender als vermutet, nicht abschließend geklärt. Es gibt aber in Wirklichkeit nur zwei Aspekte: Fortpflanzung und Festlegung.

Fortpflanzung

Die gesellschaftliche Diskussion im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts wird vehement um Rollen und Identitäten geführt. Dabei wird häufig die Biologie und Sexualität ins Feld besprochen, es werden Beispiele von Homosexualität im Tierreich genannt, etwa bei Pinguinen, und das facettenreiche Verhalten der Bonobo-Schimpansen. All das ändert nichts daran, dass Fortpflanzung durch Kombination von Eiern (XX Chromosomen) mit Spermien (XY Chromosomen) stattfindet, was man Befruchtung nennt und wofür es keine Ausnahme gibt – seit dem Präkambrium, was etwa vier Milliarden Jahre zurückliegt. Die Rolle in der Fortpflanzung ist es, die unsere Biologie bestimmt, wodurch auch Hormonlage, Skelett-Entwicklung, Größenwachstum, Muskulatur und Organe wie Muttermund oder Vorsteherdrüse festgelegt werden.

Festlegung

Diese Festlegung bestimmt, wie der menschliche Körper sich entwickelt, soweit er genetisch beeinflusst wird. Äußere Faktoren wie Lebenssituation, Ernährung und neuerdings künstliche Hormon-Gabe haben einen starken zusätzlichen Einfluss, nur eben nicht auf die genetisch definierte Geschlechtlichkeit.

Viele weisen nun gern darauf hin, dass die „Zuweisung“ (Assignment) eines Geschlechtes aufgrund des Chromosomensatzes als weiblich oder männlich falsch oder wenigstens unzureichend sei. Denn es gäbe allerlei Varianten, wie XXY, XYY und viele mehr. Manchmal wundert man sich, dass die, die so argumentieren, Personen mit Down Syndrome nicht ebenfalls als „Geschlecht“ definieren wollen. Die Vorstellung ist, man könne mehr als zwei Geschlechter identifizieren, weil es mehr als zwei Varianten des Chromosomensatzes gibt.

Denkfehler?

Zunächst ist die Fortpflanzung strikt „binär“, also zweigeteilt, denn es werden die Gene zweier Individuen kombiniert. Ausnahmslos.
Dann ist die Ausprägung männlicher primärer Geschlechtsmerkmale (Penis, Hoden) durch Anwesenheit eines Y Chromosoms festgelegt, ganz gleich, wieviele X oder Y Chromosomen sonst noch anwesend sind, extrem seltene Fälle können weibliche und männliche Geschlechtsmerkmale aufweisen, doch ist das Y Chromosom eine streng binäre Festlegung: ist es da, erzeugt der Organismus männliche primäre Geschlechtsmerkmale. Wenn nicht, nicht. Unabhängig von einem „Spektrum“ der chromosomalen Situation bei Säugetieren ist es ein zwingendes Entweder-Oder, das kein Ausweichen zulässt und keinerlei Raum für Interpretation lässt.
Zentraler Widerspruch ist jedoch, dass die chromosomale „Vielfalt“ bei Säugetieren – XXY und andere – als Argument für Vielfalt menschlicher Sexual-Identitäten gelten könne. Das trifft nicht zu. Denn Homosexualität oder beliebige sexuelle Identitäten sind vollkommen losgelöst von den chromosomalen Gegebenheiten. Die „sexuelle“ Rolle Einzelner wird ja gerade nicht durch Chromosomen bestimmt. Homosexuelle haben den gleichen Chromosomensatz wie Heterosexuelle. Menschen mit chromosomalen „Abweichungen“ müssen sich äußerlich keineswegs von jenen unterscheiden, die den „typischen“ Chromosomensatz tragen. Facebooks berühmte Liste mit 46 „Gender-Identitäten“ hat nichts mit der Genetik derer zu tun, die „sich identifizieren“.

Die Festlegung auf den Chromosomen-Satz, die Idee, durch die Biologie auch im Sexualverhalten definiert zu werden, ist gerade das, was die Vertreter von „Gender-Identity“ mit äußerster Heftigkeit ablehnen. Die Vielfalt des menschlichen Sexualverhaltens hat nach überhaupt keiner existierenden Sichtweise irgendeine chromosomale Entsprechung, etwa in der Weise, dass bestimmte Chromosomensätze sich verlässlich einem bestimmten Gendertyp zuordnen ließen.

Das alles bedeutet nicht, dass es nicht das Recht jedes Menschen wäre, die gesellschaftliche Rolle und Sexualpräferenz völlig frei zu wählen. Nur der biologistische Bezug lässt sich als Begründung nicht aufrecht erhalten, denn gerade der fehlt ja nicht nur völlig, er wird auch noch nachdrücklich abgelehnt.

Der Wunsch vieler, Gleichberechtigung für alle denkbaren Rollen herzustellen, ist verständlich. Wir wählen unsere Identität frei. Dabei wollen wir nicht durch die Biologie beschränkt werden, obwohl sie uns natürlich gewisse natürliche Grenzen setzt, was sich gerade beim Sport deutlich zeigt. Die Gleichberechtigung und Vielfalt allerdings biologistisch zu begründen, scheitert eben daran, dass Homosexualität oder auch „Gender Dyshporie“ nichts, aber auch gar nichts mit den Chromosomen zu tun haben, nicht beim Menschen und auch nicht bei Pinguinen. Lassen wir uns nicht irreführen. Lassen wir uns kein X für ein U vormachen – und auch nicht für ein Y.

Link zur WikiMedia Illustration „Human Karyotype